Steuerlicher Dreisprung
Newsletter 04 | 2025
Editorial
Steuerlicher Dreisprung
Die Anlagestrategie im 4. Quartal 2025

Editorial
Liebe Leserinnen und Leser
Ein Loblied auf die direkte Demokratie! Am 28. September 2025 hat die Schweizer Stimmbevölkerung eine Steuer abgeschafft. Ich will damit nicht sagen, dass ich inhaltlich die Vorlage zur Abschaffung der Besteuerung des Eigenmietwertes vollumfänglich als gut befunden habe. Die Vorlage war aber ein guter eidgenössischer Kompromiss. Jede Interessengruppe musste nämlich im parlamentarischen Verfahren etwas Federn lassen, sodass die Vorlage im Parlament von allen grossen Parteien mitgetragen wurde. Im Verlauf des Abstimmungskampfes scherte die SP dann jedoch aus und beschloss die Nein-Parole.
Das Abstimmungsergebnis zeigt mir einmal mehr in aller Deutlichkeit auf, dass der Stimmbürger sehr wohl weiss, was er macht. Es ging um die Abschaffung einer unliebsamen Steuer, die auch aus steuersystematischer Sicht quer in der Fiskallandschaft stand. Die These, der Stimmbürger habe vor allem auf seinen Geldbeutel geschaut, teile ich nicht, denn die Art und Weise der Eigenmietwertbesteuerung liess dem Einzelnen viele Steuerplanungsmöglichkeiten offen, welche auch extensiv genutzt wurden.
Am 30. November 2025 stimmen wir über die Erbschaftssteuerinitiative der Juso ab. Darin wird gefordert, dass alle Vermögen über 50 Mio. Franken einer nationalen Erbschaftssteuer von 50% unterliegen sollen. Der Erlös dieser Erbschaftssteuer soll zur sozial gerechten Bekämpfung der Klimakrise verwendet werden. Die angedachte Steuer wird als Zukunftssteuer verkauft bzw. angepriesen.
In meiner Gedankenwelt hinkt diese Idee in zweifacher Hinsicht: Einerseits lassen sich die Klimaziele nicht allein mit finanziellen Mitteln erreichen. Die Erreichung der Klimaziele verlangt von uns allen in erster Linie einen Verzicht auf Unnötiges und die Unterstützung von innovativen Lösungsansätzen bei der Gewinnung dekarbonisierter Energieträger. Andererseits sichert man die Erreichung dieser Ziele nicht dadurch, dass man einfach die Vermögenden mit einer Erbschaftssteuer belastet und glaubt, damit sei die Zukunft gerettet. Die anvisierte Zielgruppe leistet nämlich auch rund 40% zum Steueraufkommen der Direkten Bundessteuer. Da Kapital bekanntlich beweglich ist, müssen wir davon ausgehen, dass bei einer Annahme dieser leidigen Initiative der Juso, zwar kurzfristig durch die Erbschaftssteuer neue Fiskaleinnahmen erschlossen werden, langfristig jedoch das gesamte Steueraufkommen zurückgehen wird. Steuererhöhungen für Alle wären dann der einzige gangbare Weg.
Ich bin überzeugt, dass der Stimmbürger am 30. November 2025 ein wuchtiges Nein in die Urne legen wird, weil nur die dümmsten Kälber ihre Metzger selbst wählen.
Wir leben in turbulenten Zeiten und sind immer wieder herausgefordert, unseren Weg zu finden. Unsere direkte Demokratie hat uns die letzten 175 Jahre zuverlässig den Weg gewiesen. Vertrauen wir deshalb unserem eigenen Sachverstand und der direkten Demokratie!
Martin Wipfli
Steuerlicher Dreisprung
Wir alle kennen in der Leichtathletik die technisch schwierige Disziplin Dreisprung. Er besteht aus drei nacheinander ausgeführten Sprüngen mit der Bezeichnung «Hop», «Step» und «Jump». Bei den Steuern ist für das Schweizer Stimmvolk ebenfalls ein Dreisprung im Gange. Mit der Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung ist der «Hop» geschafft, mit der Abstimmung zur Juso-Erbschaftssteuer-Initiative steht der «Step» unmittelbar bevor und im März 2026 erfolgt dann mit der Abstimmung zur Vorlage über die Individualbesteuerung der «Jump» mit der Landung in der Sandgrube.
Eigenmietwertbesteuerung
Am 28. September 2025 hat das Schweizer Stimmvolk entschieden, dass der Eigenmietwert abgeschafft wird. Nachdem in den vergangenen 25 Jahren mehrere Anläufe gescheitert sind, hat es dieses Mal geklappt. Wie im Editorial von Martin Wipfli kommentiert, musste jede Interessengruppe im parlamentarischen Verfahren Federn lassen, damit im Ergebnis eine ausgewogene und konsequente Vorlage ohne Extrawürste für Hauseigentümer zustande gekommen ist.
Eckpunkte dieser Vorlage:
Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer, die selbst in ihrer Liegenschaft wohnen, müssen kein fiktives Einkommen (Eigenmietwert) mehr versteuern. Das gilt für Erst- und Zweitwohnsitze.
Gleichzeitig sind die Abzüge für Unterhalts- oder Renovationsarbeiten an der Liegenschaft steuerlich nicht mehr möglich. Auch Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen können bei der direkten Bundessteuer nicht mehr vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Die Kantone können solche Abzüge weiterhin gewähren.
Die Hypothekarzinsen für selbst genutztes Wohneigentum können ebenfalls nicht mehr vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Eine Ausnahme gibt es für Steuerpflichtige, die zum ersten Mal Wohneigentum erwerben. Verheiratete Paare können im ersten Jahr maximal CHF 10'000 geltend machen, im zweiten Jahr CHF 9'000 usw., bis nach zehn Jahren kein Abzug mehr möglich ist.
Neu soll auf kantonaler Ebene eine Objektsteuer für Zweitliegenschaften eingeführt werden. Dies ist insbesondere im Interesse der Bergkantone zwecks Sicherung von Steuereinnahmen.
Keine Änderungen resultieren bei an Dritte vermietete Liegenschaften oder bei Liegenschaften im Geschäftsvermögen. Hier unterliegen die Mieterträge nach wie vor der Einkommenssteuer, und Unterhalts- und Schuldzinsen bleiben steuerlich abzugsfähig.
Mit dem Inkrafttreten dieser neuen Regelung ist frühestens im Jahre 2028 zu rechnen.
Für einmal erfreulich rasch hat die Finanzdirektion des Kantons Zürich (FD ZH) auf das positive Abstimmungsergebnis reagiert. Gemäss der Medienmitteilung vom 28. September 2025 verzichtet die FD ZH auf die geplante Erhöhung der Eigenmietwerte im Kanton ZH. Während der Übergangszeit bis zur Abschaffung des Eigenmietwerts sollen die heutigen Werte gemäss Weisung des Regierungsrats aus dem Jahr 2009 massgebend bleiben.
Die neue Weisung 2026, die zu substanziell höheren Eigenmietwerten geführt hätte, kommt somit nur bei Neubauten ab 2026 zur Anwendung. Als Ausgleich soll ein angemessener Abzug gewährt werden.
Unabhängig von der Abschaffung des Eigenmietwertes werden Einfamilienhäuser und Stockwerkeigentum auch in Zukunft als Vermögen besteuert. Für deren Berechnung gilt die Weisung 2026, was zu deutlich höheren Vermögenssteuerwerten führen wird. Vorbehalten bleiben noch zwei Bundesgerichtsbeschwerden zu diesem Thema, die derzeit noch pendent sind.
Fazit: Für Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer mit Plänen für die Renovierung oder den Umbau ihrer Liegenschaft lohnt es sich mit Sicherheit, das Zeitfenster bis anfangs Januar 2028 zu nutzen, um die Möglichkeit des Steuerabzugs für Unterhalts- und Renovationskosten bis zu diesem Zeitpunkt sorgfältig zu planen und umzusetzen. Für Steuerpflichtige mit Hypotheken lohnt es sich, allfällige Veränderungen in der Finanzierungsstruktur ihrer mobilen und immobilen Anlagen auf ihre steuerlichen Auswirkungen zu prüfen.
Juso-Erbschaftssteuer-Initiative
Am 30. November 2025 steht der zweite Sprung, der «Step», vor der Tür. Beim «Step» muss im Dreisprung mit demselben Fuss wie beim «Hop» abgesprungen werden. Somit ergibt sich dann die Sprungfolge «rechts-rechts-links» oder «links-links-rechts». Wenn die erfolgreiche Ablehnung des Eigenmietwerts politisch-ideologisch als Absprung mit rechts gedeutet werden kann, so stehen die Anzeichen für die Abstimmung über die Juso-Initiative günstig, dass auch hier der Absprung mit rechts erfolgen wird!
Gemäss Botschaft vom 13. Dezember 2024 hat der Bundesrat unmissverständlich klargestellt, dass ein vorsorglicher Wegzug aus der Schweiz nicht nötig ist. Die von der Juso-Initiative geforderten Massnahmen zur Verhinderung der Steuervermeidung können aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht rückwirkend per Datum der Abstimmung in Kraft treten. Solche Massnahmen werden erst gelten, wenn die entsprechenden Ausführungsbestimmungen in Kraft getreten sind. Das bedeutet, dass den Betroffenen ausreichend Zeit bleibt, sollte die Initiative wider Erwarten angenommen werden. Mit der Aussage, dass eine rückwirkende Anwendung der Steuervermeidungsmassnahmen nicht infrage kommt, hat der Bundesrat die schädliche Vorwirkung gebannt.
Der Bundesrat hat bei einer Annahme der Juso-Erbschaftssteuer-Initiative maximal drei Jahre Zeit, eine Verordnung zur Umsetzung zu erlassen. Die Massnahmen zur Verhinderung der Steuervermeidung wären nur auf Personen anwendbar, die im Zeitpunkt des Erlasses dieser Verordnung durch den Bundesrat immer noch in der Schweiz wohnhaft wären.
Ausgeschlossen werden vom Bundesrat weitergehende Massnahmen zur Verhinderung von Steuervermeidung wie beispielsweise die Einführung einer Wegzugsteuer, ein Passentzug oder Kapitalverkehrskontrollen, die allesamt als unverhältnismässig bzw. verfassungsrechtlich nicht zulässig beurteilt werden.
Der Aussage im Editorial von Martin Wipfli, «Ich bin überzeugt, dass der Stimmbürger am 30. November 2025 ein wuchtiges Nein in die Urne legen wird, weil nur die dümmsten Kälber ihren Metzger selbst wählen», bleibt nichts hinzuzufügen.
Individualbesteuerung
Beim Thema Individualbesteuerung sind die Würfel gefallen. Nachdem das Parlament die Vorlage zur Individualbesteuerung im Juni 2025 in einem knappen Entscheid angenommen hat, haben bereits zehn Kantone mittlerweile dem Kantonsreferendum zugestimmt (Stand: 26. September 2025). Somit kommt die umstrittene Individualbesteuerung voraussichtlich im März 2026 zur Volksabstimmung. Der Ausgang dieser Abstimmung ist noch ungewiss, d.h. wir wissen derzeit noch nicht, ob nach dem «Jump» die Landung in der Sandgrube angenehm weich oder unerwartet hart erfolgen wird.
Walter Jakob, Dr.oec.HSG, Konsulent
Die Anlagestrategie im 4. Quartal 2025
Die Unsicherheit rund um die erratische US-Handels- und Aussenpolitik sowie die zunehmende Bedrohung Westeuropas durch Russland werden auch im Schlussquartal 2025 die Märkte prägen. Trotz der zahlreichen Unwägbarkeiten erachten wir die Chancen für eine Jahresendrally an den Aktienmärkten nach wie vor als gut. Der hohen Unsicherheit begegnen wir mit einer ausgewogenen Selektion von Qualitätswachstumstiteln.
Wirtschaftliches Umfeld
Die Entwicklung der US-Wirtschaft zeigt derzeit ein gemischtes Bild mit zunehmenden Anzeichen einer Abschwächung, insbesondere am Arbeitsmarkt. Allerdings werden die Daten durch das «front-loading» verzerrt, und mancherorts werden, teils zu Recht, Zweifel an der Aussagekraft der Wirtschaftsindikatoren laut. Für unsere Anlagen ist entscheidend, wie die Unternehmen selbst ihre Geschäftsaussichten einschätzen – und diese blieben im vergangenen Quartal mehrheitlich positiv. Die US-Wirtschaft befindet sich aktuell in einem «soft patch», und die Fed dürfte im weiteren Jahresverlauf die Zinsen um zusätzliche 0.25% senken. Insgesamt erwarten wir gegen Jahresende eine positive wirtschaftliche Entwicklung, nicht zuletzt dank der hohen Investitionsbereitschaft sowie des dynamischen Wachstums in den Sektoren Technologie, Rüstung und Energie.
In Europa dürften vor allem die Investitionsprogramme in Infrastruktur und Verteidigung wichtige Impulse für die Belebung der Wirtschaft setzen. Ihre Wirkung auf das Wirtschaftswachstum dürfte jedoch erst im kommenden Jahr spürbar werden. EZB und SNB halten das derzeitige Zinsniveau für angemessen. Sollten sich die erhofften Erholungstendenzen allerdings nicht bald zeigen, sind weitere Zinssenkungen wahrscheinlich.
Aktienmärkte
Die Aktienmärkte bleiben auf Einzeltitelebene attraktiv. Die Bewertung der grossen Marktindizes ist aufgrund des hohen Anteils an Technologieunternehmen nicht mehr mit historischen Bewertungsniveaus vergleichbar. Die Mehrheit der Unternehmen, in die wir für unsere Kunden investieren, hat sehr solide Geschäftszahlen vorgelegt, und auch die Ausblicke fallen überwiegend positiv aus. Die Zölle wirken sich bei international tätigen Konzernen bislang nur begrenzt aus, während kleinere exportorientierte Firmen mangels globaler Präsenz stärker unter ihnen leiden. Wir halten daher weiterhin an einer Übergewichtung von US-Titeln fest und fokussieren uns auch künftig auf den Technologiesektor sowie auf ausgewählte Industriewerte überwiegend in den Bereichen Rüstung, Dekarbonisierung und Automation.
Anleihenmärkte
Aus Rendite-Risiko-Perspektive bevorzugen wir nach wie vor Anleihen im mittleren Laufzeitbereich.
Währungen
Die aktuelle US-Politik spricht zumindest kurzfristig gegen eine Aufwertung des USD. Die hohen Short-Positionen am Markt stellen jedoch ein wesentliches Aufwärtsrisiko dar.
Daniel Waldmeier, Partner